Phia Ménard & Cie. Non Nova

Es grenzt an Grössenwahn: eine Performance zu Schöpfung und Untergang einer Zivilisation. Doch mit «Die Trilogie der unmoralischen Ge­ schichten (für Europa)» schafft es Phia Ménard einmal mehr, grosse, wirkmächtige Bilder auf die Bühne zu bringen. 

Das dreiteilige Epos der gefragten französi­schen Künstlerin ist eine wunderbare Gelegenheit, über eine Welt nachzudenken, die ihren Zusammenbruch nicht hatte kommen sehen und die nun einer ungewissen Zukunft entgegensieht. In Teil eins baut Ménard als Punk­-Kriegerin den Athener Parthenon aus Pappe nach. In Teil zwei errichten versklavte Arbeiter*innen einen wackeligen und doch scheinbar unendlichen phallischen Turm – ein Gleichnis für Patriarchat und Ultraliberalis­mus, für Herrschaft und Unterwerfung. Zum Abschluss kehrt Ménard selbst auf die Bühne zurück – und erfährt Unmögliches. «Eine beeindruckende politische und mythologische Vision unserer vor­apokalyptischen Welt», urteilte «Le Monde» am Festival d’Avignon, wo das Stück 2021 uraufge­führt wurde.

Die Trilogie funktioniert als bildgewaltiger Kraftakt. Vor allem aber bietet sie einen seltenen queer-feministischen Blick auf die Geschichte und Identität Europas. Einst Jongleur, heute Cho­reografin, ist sich Ménard der Macht von Perspek­tivenwechseln bewusst. «Wir können wählen, ob wir uns in der Endzeit eines Anthropozäns oder in der Frühzeit einer neuen Ära befinden», sagte sie etwa zu Beginn der Pandemie. (ss)